Lebensberichte & Familienchroniken

Johann Gottlieb Kling
1809 Schmerblock - 1901 Groß Zünder

Lebensbeschreibung : Als Hofbesitzer in Groß Zünder
geschrieben in Groß Zünder, 1896


 

 

Wie waren beide jung und gesund. Wir schafften so viel, wie unsere Kräfte es erlaubten. Konnten geben was wir schuldeten und hatten noch etwas übrig.

Da wurde mir die 3. Hypothek (6 000 Mark), die ich meiner Mutter schuldete, gekündigt. Ich reiste zu meiner Mutter, um mit ihr zu reden. Ihre Antwort war: "Wir brauchen das Geld jetzt, Du hast ja 1/2 Jahr Zeit". Das brachte mich in große Verlegenheit. Für die 3. Hypothek auf ein Grundstück bekam man kein Geld. Ich reiste zu meinem Freund, Herrn Barende nach Danzig. Er war Kornkapitän und Kaufmann, hatte keine Kinder, war ein reicher Mann. Ich schilderte ihm meine Lage. Er riet mir, in dem halben Jahr zu zahlen, was ich erübrigen konnte. Den Rest würde er mir leihen, zu 5% Zinsen. Ich könnte das in Raten abzahlen. Das waren für mich sehr gute Bedingungen, ich war erleichtert.

Doch es sollte im Leben wieder anders kommen. Nach 13 Monaten, 17 Tagen Ehe verstarb meine liebe Frau an Nervenfieber mit 29 Jahren. Das war für mich ein großer Verlust, eine große Trauer. Ich mußte mit allen Geschwistern teilen. Sie waren nicht hart zu mir. Ich gab alles, was meine Frau mitgebracht hatte, zurück. Sie quittierten vor Gericht, daß sie keine weiteren Ansprüche hätten.

Ich war 29 Jahre alt und fast gezwungen, wieder zu heiraten.

 

Ich war mit dem Schmiedemeister Pohlmann befreundet. Er hatte Kontakt mit dem Deichgrafen Bielfeldt. Pohlmann wollte, daß ich mich mit dem Gedanken befasse, um die älteste Tochter des Deichgrafen zu werben. Er würde mit Herrn Bielfeldt darüber reden, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Ich sagte zum Schmied: "Du wirst mich blamieren, daraus wird nichts." Es kam zu dem Gespräch. Der Deichgraf wollte über mich Erkundigungen einholen und alles mit seiner Frau besprechen. Nach langer Zeit erfuhr ich, daß die Eheleute Bielfeldt nicht abgeneigt waren, mir ihre Tochter zur Frau zu geben. Mit der Tochter hatten sie inzwischen gesprochen.

Es ist zu erwähnen, die Tochter hatte einen Liebhaber aus Klein-Zünder, Herrn Schubert. Die Eltern wollten dieser Heirat nicht zu­stimmen.

Durch die Vermittlung Pohlmanns wurde ich vom Deichgrafen und seiner Frau eingeladen. Am (Michaeli) Sonntag ging ich sehr bewegt dahin und wurde freundlich empfangen. Ich bat höflich um die Hand der Tochter. Es ist unser Wille, war die Antwort. Die Tochter wurde gerufen. Sie schien sehr ernst. Ich sagte ihr: "Ich komme ihnen mit Liebe entgegen und bitte sie um ihre Hand und ihr Herz." Sie antwortete mir: „Es ist der Wunsch und Wille meiner Eltern. Ich gebe ihnen mein Jawort." So wurde die Ehe beschlossen. Am Erntedankfest fand die Verlobung statt.

Wir machten einige Besuche bei den nächsten Verwandten. Am 7. November 1839 war die Hochzeit.

In der Ehe war das Verhältnis mit der Frau, mit den Eltern, Vater und Stiefmutter ein Gutes. Da die Gärten beider Grundstücke nebeneinander lagen, wurde eine Pforte durch den Grenzzaun ge­macht. So konnte der Verkehr und die Besuche durch den Garten ge­macht werden. Die Pforte ist noch da.

Sechs Jahre nach der Hochzeit starb der Vater, der Herr Deichgraf, nach einer kurzen Leberkrankheit. Er war 58 Jahre alt. Das war für meine Frau, die übrige Familie und mich ein großer Verlust, eine große Trauer.

Cornelius Eduard Bielfeld, * 1787 in GrZ, † 1845 in GrZ, Hfb, Kirchenvorsteher, Deichgeschworener 12.09.1812, Deichgraf von 1830 - 1844.

Deichgraf Cornelius Eduard Bielfeld
auf einem Gemälde von ca. 1840

1. Heirat 1810 mit Caroline Wilhelmine Kniewel (* ca. 1774 in Danzig, † 1815 in GrZ, 5 Kinder, von denen 3 im Kindesalter sterben.

2. Heirat mit Renata Carolina Dommer von Domarus (* ca. 1782 in Danzig, † 1858 in GrZ), 3 Kinder, von denen 3 im Kindesalter sterben.

Die Bielfelds lassen sich zwei Generationen zurück bis ca. 1740 in GrZ zurückverfolgen. Eventuell kam Johann (I) Bielfeld aus Gottswalde.

Der "Liebhaber" Schubert aus KlZ ist vermutlich Gottfried Wilhelm Schubert (* 1815, † 1882), Hfb und Kirchenvorsteher, der dann 1842 Wilhelmine Schönknecht aus Reichenberg heiratet.

Die Umworbene und zukünftige Ehefrau ist Carolina Henriette Beata Bielfeld (* 1812, † 1893).

Die Schwester ist Augustine Wilhelmine Amalie Bielfeld, * 1814.

Die beiden Töchter hatten ihren Vater verloren. Jetzt hatten sie nur noch ihre Stiefmutter. Die Witwe bat mich um meine Hilfe.

Ich sollte die Verwaltung der Landwirtschaft übernehmen. Ich half ihr gerne.

Carolina Henriette Beata & Augustine Wilhelmine Amalie sowie Renata Carolina Dommer von Domarus

 

Die Witwe hatte einen Bruder, den Kaufmann von Donner aus Danzig. Dessen Sohn hatte die Landwirtschaft als Volontär gelernt. Dieser Sohn heiratete die Schwester meiner Frau. Die Stiefmutter und ihr Bruder wollten es so, damit das Grundstück in der Familie bleibt. Der Deichgraf hatte mit seiner Frau testamentarisch vereinbart, daß nach seinem Tod die Frau zeitlebens den Nießbrauch vom ganzen Nachlaß hat. Sie durfte nicht heiraten, das Grundstück nicht ver­kaufen. Die Stieftöchter durften sie nicht zur Teilung zwingen, sonst hätten sie nur ihren Pflichtteil bekommen. Nach dem Tod der Stiefmutter fiel der ganze Nachlaß den beiden Töchtern zu, bis auf den Pflichtteil für den Bruder.

Laut Testament konnte mein Schwager von Donner das Grundstück trotz Heirat nicht in Besitz nehmen. Der Bruder der Witwe versuchte eine Klärung beim Rechtsanwalt. Wir konnten uns nicht einigen.

Nach langem Überlegen einigten wir uns auf die Teilung des Grund­stücks und des Inventars. Meiner Frau fiel der 4. Teil zu.

Das Grundstück hatte 10 Hufe Land, die zur Teilung kamen. Land, das dazukam, paßte zu meinem Ackerland. Dazu kam ein halber Morgen Obst- und Gemüsegarten. Der Grenzzaun wurde versetzt. Vom lebenden und toten Inventar bekam meine Frau ein Viertel. Die Witwe behielt einiges zurück, Fettochsen, Getreide auf dem Speicher und anderes. Die Hufe Land wurde mit Inventar mit 7 500 Mark berechnet. Eine Hypothekenschuld von 27 000 Mark belastete das Grundstück. Durch Barzahlung an meinen Schwager übernahm ich 5 500 Mark. Der Witwe wurde eine Rente von 1 800 Mark jährlich zugesprochen. Davon übernahm ich 786 Mark. Nach der Teilung hatte mein Schwager einen Besitz mit 8 Hufen Land, vollem Inventar zu 60 090 Mark. Er ist auf leichte Weise zu diesem Vermögen gekommen und war jetzt in sehr guten Verhältnissen. Mein Schwager hat es mit Undank seiner Tante gelohnt. Sein Vater schenkte ihm sein Erbteil nach dem Tod der Schwester. Dennoch gefiel es Donner im Werder nicht. Er sagte zu mir: "Nur dem kann es hier gefallen, der hier geboren wurde und der es nicht besser kennt."

Das Grundstück war mit 31/2 Schulzenhufe belastet. Bei der Übernahme des Grundstücks hatte er das Schulzenamt noch für 5 Jahre. Die Verwaltung des Amtes wurde ihm lästig. Seine Leidenschaft gehörte dem Käfer. Tagelang war er in der Nehrung und im Steegener Wald, der damals mit guten Laubbäumen bestanden war, wo er unter der Rinde der Bäume und im Moos Käfer sammelte. Die Arbeit in der Landwirtschaft und das Schulzenamt vernachlässigte er. Er machte die Äußerung, hier bin ich der Rackerknecht und meine Frau die Scheuermagd. Donner nörgelte herum und schimpfte mit seiner Frau und Tante. Hier will ich nicht bleiben, ich verkaufe das Grundstück. Mir sind 40 000 Thaler geboten worden. Die beiden Frauen gaben nach und meinten: "Wenn es denn sein muß, kannst du nur an Kling oder Dörks verkaufen, damit der Hof in der Familie bleibt." Mit diesem Anliegen kam er zu mir. Ich wurde wütend. "Vor 6 Jahren haben wir das Grundstück geteilt. Ich mußte deshalb Stall und Scheune verändern, Material zum Bau eines Hofes anfahren lassen. Wie du weißt, habe ich große Unkosten gehabt und bin mit dem Bau noch nicht fertig. Er sagte nur: "Hier bleibe ich nicht, ich verkaufe."

Donner aus Danzig: Lese- / Schreibfehler, er heißt Johann Friedrich Dommer von Domarus, Kaufmann in Danzig, verheiratet mit Karoline Elisabeth von Korrmowska.
Ihr Sohn, um den es hier geht, ist Arthur Dommer von Domarus, * ca. 1823 in Danzig, ∞ 1846 mit Augustine Wilhelmine Amalie Bielfeld - vielleicht hat ja Johann Gottlieb Kling den Namen des Schwagers aufgrund seiner tiefen Abneigung ihm gegenüber mit Vorsatz falsch geschrieben ...

 

Die Lage der beiden Höfe: der Kirche gegenüber ca. 100 bis 200m nach Norden versetzt.

Ich sagte zu Donner: "Du hättest hier nicht ankaufen sollen, wenn es dir hier nicht behagt. Ich habe damals bei der Teilung 500 Thaler für die Hufe mehr bezahlt, jetzt 6 000 Thaler in mein Grundstück gesteckt. Jetzt ist es mir nicht möglich, dein Grundstück zu kaufen?“ Er verließ mich mit den Worte: "Hier bleibe ich nicht." Tags drauf ging ich zu meinem Freund Dörks und seiner Mutter und trug Donners Wille vor. Ich fragte Dörks, ob er bereit wäre, Donner das Grundstück abzukaufen, damit es kein Fremder tut.

Dörks Mutter sagte zu ihrem Sohn: "Es würde mich sehr schmerzen, wenn mein väterliches Erbe in fremde Hände käme. Du könntest das Grundstück kaufen, die beiden Ländereien nach deinem Belieben zusammenlegen und Deinen Hof verkaufen." Der Sohn meinte daraufhin: "Dies ist mein väterliches Erbe und ich gehe hier nicht weg. Dieses Land ist mir lieb und teuer, daraus wird nichts."

Die Mutter kommt auf mich zu, nimmt meine Hand. In ihren Augen waren Tränen als sie sagte: "Kling, kaufen sie Donner das Grundstück ab. Sie werden es nicht bereuen." Dabei liefen der guten Frau die Tränen übers Gesicht.

In mir ging eine eigenartige Wandlung vor. Ich konnte nur verlegen antworten: "Liebe Tante, ich werde mit meiner Frau sprechen." Ging nach Hause, erzählte alles meiner Frau und meinte: "Es wäre doch schön, wenn sie in ihr Elternhaus zurückkehren könnte." Meine Frau wollte nichts davon wissen und sagte zu mir: "Nein, ich bin jetzt hier zu Hause und fühle mich wohl. Wir sind dabei einen neuen Hof zu bauen, haben schon das ganze Material da." Die flehenden Blicke der guten Frau hatten einen großen Eindruck auf mich gemacht, und ich ließ Donner zu mir kommen.

Donner wollte von mir statt 40 000 Mark nur 39 000 haben.

Sagte zum Schwager: "Trete nur in den Handel, wenn ich mein Grundstück verkaufen kann."

Der Freund Dörks ist Julius Ferdinand Doerksen (* 1819, † 1896), Hfb in GrZ; seine Mutter ist Constantia Karoline Bielfeld, Schwester des Deichgrafen Cornelius Eduard Bielfeld

Es ergab sich, daß der Rentier Mix aus Trutenau ein größeres Grundstück suchte. Er kam mit seinen Verwandten zur Besichtigung und zum Handel. Ich ließ meinen Freund Dörks und Donner dazu einladen. Herr Mix kaufte mein Grundstück, ich kaufte Donner das Grundstück ab. Beides ging mit vollem Inventar. Ich gab meinem Schwager 14 000 Mark für die Hufe, bekam von Mix 13 500 Mark. Ich stellte die Bedingung, daß Herr Mix den ganzen Hassenbruch, 36 Morgen Land nahm, der immer zum Donnerschen Grundstück gehörte. Dafür behielt ich Parzellenland zurück. Herr Mix wollte nur 5 Hufen Land kaufen, ich besaß 6 Hufen. Behielt 1 Hufe nebst lebendem und totem Inventar zurück. Kaufte von Donner 9 Hufen. Machte die Umbauten an Scheune und Tenne (1846, nach der Teilung des Donnerschen Besitzes) wieder rückgängig. Das Baumaterial teilte ich mit Herrn Mix. Nun mußte ich mir keinen neuen Hof bauen. In der Ernte hatte ich einen großen Nachteil. Herr Mix bekam eine gute Ernte. Ich bekam vom Donnerschen Land eine schlechte Ernte von nur 8 Hufen.

Der Kauf und Verkauf beider Grundstücke war vollzogen.

Mein Schwager zog am 1. Oktober 1850 mit seiner Familie nach Danzig Langfuhr. Wir zogen am 2. Oktober um. So kam es, daß meine Frau in das Haus zurückkehrte in dem sie geboren wurde und auch starb. Donner hatte in den 6 Jahren das Land schlecht bewirtschaftet. Es war heruntergekommen. Ich hatte in den ersten Jahren große Ausfälle bei der Ernte.

Absalon Theodor Mix, * ca. 1814 vermutlich in Kriefkohl, † 1871 in GrZ, 1838 Hfb in Trutenau, Eltern: Absalon Thomas Mix & Christina Philippina Dorothea Wannow, Hfb und Schulz in Kriefkohl. Laut KB GrZ "parzelliert" Absalon Theodor Mix den gekauften Hof um 1860.

Dazu kam der Weichseldurchbruch im April 1854 beim Roten Krug. Die 16 Scharwerksdörfer, ca. 600 Hufen Land, arbeiteten Tag und Nacht am Damm und das 8 Tage lang mit aller Kraft. Der Damm brach und das ganze Unterwerder wurde bis zur halben Feldmarke überschwemmt. Durch das Bruchwasser gingen die Wintersaaten verloren. Das Vieh mußte solange wie möglich in den Ställen bleiben, bis das Land abgetrocknet war. Das Niederfeld wurde erst im Juli trocken. Dort, wo das Wasser im Mai weg war, wuchs gutes Gras, gab es auch viel Heu.

Zur Herstellung des Dammes wurden auch die Freidörfer herangezogen. Der Kostenaufwand betrug ca. 40 000 Mark ohne die Sachleistungen. Die Regierung gab keinen Beitrag zur Herstellung des Dammes. Das Geld habe ich als gewählter Kassenrendantführer am Sonnabend für die Arbeiter und das Material auf die Baustelle gebracht.

Es sollte für uns noch härter kommen. Im Juli 1855 hatten wir wolkenbruchartige Regenfälle. Infolgedessen stieg das Wasser in den Entwässerungskanälen. Die Vorfluter, Motlau, Radaune und Kladau waren randvoll, sodaß die Entwässerungsschleusen geschlossen wurden. Das Wasser war an den Schleusen nicht zu halten. So

Wo ist der "Rote Krug"? Gibt es weitere Informationen über den Weichseldurchbruch von 1854?

Scharwerksdörfer - 15 lt. Max Wessel, 116:
1622 im Kontext der Einrichtung einer neuen Feuerordnung, Unterteilung in drei Quartiere:
- Oberquartier : Güttland, Kriefkohl, Stüblau, Zugdam, Osterwick
- Mittelquartier : Wossitz, Langfelde, Trutenau, Groß Zünder, Letzkau
- Niederquartier : Käsemark, Klein Zünder, Herzberg, Wotzlaff, Gottswalde

mußte am Wege nach Letzkau bei Herrn Frohwerk und beim Hassenbruch die Wassergänge zugekastet werden. Die Hälfte des Getreides verdarb im Wasser. Das Vieh mußte eingestellt werden. Das Getreide wurde im Wasser gehauen und verfüttert. Das Jungvieh ging im Wasser. Doch mußte so viel Land trocken sein, damit sich das Vieh hinlegen konnte.

Nachdem die Schleusen geöffnet wurden, die Wasserabmahlmühlen arbeiteten, wurden die Kühe wieder auf die Weide gebracht. Die Pferde blieben im Stall.

Ich führe hier einige Zahlen der Ernte von 1855 an. Mein Freund Dörks drosch ca. 3 1/2 Last Getreide von der Hufe. Ich drosch 4 Last, 215 Scheffel von der Hufe. Verkaufte 10 Last zu hohen Preisen. Den Dörfern, die unter den Wasserabmahlmühlen lagen, ging es noch viel schlechter. Ich will nur einen Fall aus Klein-Zünder erwähnen. Der Hofbesitzer Speiser mit 4 Hufen Land hat in den Jahren 1854 und 55 ca. 16 000 Mark zugesetzt. Das waren zwei sehr schlechte Jahre.

Danach kamen bessere Jahre mit hohen Getreidepreisen. Wir wurden für die schlechten Jahre entschädigt. Wer realistisch wirtschaftete, keine Schulden hatte, konnte gute Gewinne machen.

Nathael Wilhelm Frowerk , * ca. 1822 in ???, † 1892 in GrZ, Hofbesitzer in GrZ durch Einheirat

Es ist zu erwähnen, daß die Seedüne bei Neufähr 1840 durchriß, die Weichsel ihren Lauf änderte und hier in die See ging. Die Strömung der Weichsel war so gewaltig, daß sie alle Verlader fortriß und in die See führte. Der Beweis ist die Insel bei Neufähr.

Da wurden die Kosten zur Erhaltung des Weichseldammes für die 16 Scharwerksdörfer so groß, daß die Regierung die Deichordnung einführte. Jetzt mußten sich alle, die unter dem Schutz des Dammes lebten, an den Kosten beteiligen.

Im Herbst 1875 gingen meine Frau und ich in den Ruhestand. Meine Tochter Klara mit Schwiegersohn Edmund Behrendt betrieben jetzt die Landwirtschaft.

Wir behielten für uns zeitlebens Stuben, unten gelegen an der Süd­seite des Hauses. In der Nähe unserer Schlafstube war eine Stube für unser Dienstmädchen. Die Unterhaltung der Räume und die Beköstigung bezahlten wir. Wir hatten freien Eintritt in sämtliche Gebäude, Hofraum und den Garten.

Wir lebten hier in Frieden miteinander.

Am 7. November 1889 feierten wir mit unsern Kindern, Enkelkindern, Geschwistern, Verwandten und Nachbarn die Goldene Hochzeit. Am 28. November 1893 starb meine liebe Frau an Altersschwäche. Sie wurde 81 Jahre und 9 Monate. Das war für mich, die Kinder und Großkinder ein großer Verlust, eine große Trauer.

Sie war mir eine treue Frau und Lebensgefährtin. 54 Jahre habe ich mit ihr Freud und Leid geteilt. Den Kindern war sie eine liebevolle und sorgsame Mutter. Sie wird uns allen, solange wir hier auf Erden leben, unvergeßlich. bleiben. Bis wir ihr folgen werden, wohin sie uns vorangegangen ist.

Zum Schluß noch eine Danksagung:

Bis hierher hat uns Gott der Herr gebracht, bis hierher uns geholfen. Mit seiner großen Lieb und Macht, hat uns geführt mit seinem starken Arm. Wenn wir im Leben auch manche Prüfungen und Trübsale erlitten, war es zu unserm Guten.

Der Glaube an unsern Gott und Herrn wurde gestärkt, wofür wir Gott danken. Dennoch hat Gott der Herr uns über Bitten und Verstehen ge­segnet. Hat Großes an uns getan.

Der Herr unser Gott hat alles wohl bedacht, hat alles wohl gemacht. Ihm, Ihm allein sei Ehre.

Geschrieben im Jahre 1896

Der Rentier Johann Gottlieb Kling

Mehr über den Weichseldurchbruch bei Neufähr im Jahre 1840

 

Sanduhrtafel für Johann Gottlieb Kling - Zum Zoom des Stammbaums