Auf dem Weichsel-Werder-Ring
Die Entdeckung der Langsamkeit im Jahr 2013


 

 

Auf der Königsberger Weichsel zum Haff und nach Stutthof / Sztutowo

Am nächsten Morgen ... schauert's. Das hält Siggi jedoch nicht davon ab, Brötchen einzukaufen.

Als wir startbereit sind, scheint für einen Moment die Sonne. Und dann müssen wir noch etwas warten, bis sich um 12 Uhr für uns die Klappbrücke öffnet.

Punkt 12 Uhr schreitet der Brückenwächter zur Tat, die Brücke beginnt sich zu heben. Ein Schubs von Łukasz zum Abschied ... und wir sind unterwegs ...

Warum sind die Brückendurchfahrten eigentlich immer so schmal?
Aber wir kommen durch, ohne anzuecken.
Vor uns die Königsberger Weichsel, bedeckt mit Schwimmfarn.

Gelegentlich mühsam bahnen wir uns einen Weg durch den dichten Schwimmfarn. Des öfteren heißt es, den Rückwärtsgang einlegen, den Motor kurz hochdrehen, um die Schraube von dem Farn zu befreien und den Vorwärtsgang wieder einzulegen.

Noch ahnen wir nicht, dass es noch schlimmer kommt. Der Schwimmfarn macht sich insbesondere im August und September dergestalt breit, um im Herbst abzusterben und auf den Grund zu sinken. Im Frühjahr fängt er dann wieder an zu wachsen. Ohne baggern wird der Fluss verlanden wie viele Laaken.

Auf der Steuerbordseite befindet sich die Groschkenkampe / Groszkowo, auf der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entfernte Wannow-Verwandte als Nachbarn ansässig waren. Alles ist friedlich ... Doch plötzlich glauben wir zu träumen. Ein Schloss im französischen Baustil des 17. / 18. Jahrhunderts. Mit eigenem Hafen. Wir staunen und warten darauf, dass sich die Türen des Empfangssaals öffnen, Sonnenkönig Ludwig der XIV heraustritt und uns an seinen überbordenden Tisch bittet ...
Tut er aber nicht. Nichts rührt sich. Schade!

Nach vorne schauen, nach hinten, um zu kontrollieren, ob der Motor noch da ist,
nach vorne schauen, nach hinten ... sicher ist sicher.

Wir passieren die Klappbrücke bei Stutthof - wieder ohne Schrammen. Danach liegt Steuerbord die Lichtkampe und Backbord die Kobbelkampe, auf denen einstmals Glodde siedelten und wo Jacob Klatt, verheiratet mit Christina Wannow, um 1725 als Schiffer tätig war.

Die auf der Vorkriegskarte eingezeichneten zahlreichen Laaken sind heute vom Wasser aus kaum oder gar nicht mehr zu erkennen - trocken gelegt, zugewachsen. Als Laakenschiffer wäre es wohl jetzt hier ein bisschen schwierig, seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

Navigare necesse est - Seefahrt tut not.
Da hat es einen Lateiner auf den Mittelhaken verschlagen.

Der Fluss wird breiter, ebenso die freie Fahrrinne.
Wir nähern uns dem  Frischen Haff.

Auf dem Haff. Es weht und ist unangenehm kühl. In der Ferne erkennen wir Bodenwinkel.

Wir drehen eine kleine Runde und verkrümeln uns wieder in die Königsberger Weichsel: Zum einen braucht man auf dem Haff anders als auf den Flüssen und Kanälen einen Bootsführerschein, zum anderen gilt Łukasz' Bootsversicherung nur bis Stutthof ...

Natascha - unser mobiles Navigationsgerät - meint, dass wir uns glatte 12 m unterhalb des Meerwasserspiegels befinden. Wir enthalten uns höflichst der Kommentare ...

... und tuckern Richtung Stutthof.